Das LG Coburg hat sich in seiner Entscheidung vom 21.08.2009 (11 O 480/05) mit den Voraussetzungen und Grenzen der Verweisbarkeit bei Berufsunfähigkeitsversicherungen beschäftigt.

 

Ein Elektriker der im elterlichen Betrieb arbeitete, stellte bei seinem Versicherer Antrag auf Leistung aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung wegen eines Bandscheibenvorfalls. Der Versicherer lehnte das Leistungsbegehren ab und verwies auf Tätigkeiten die die versicherte Person ausüben könnte, z.B. als ein Baumarktfachverkäufer in einer Elektroabteilung, als Mitarbeiter im Autoverleih, in einem Copy- oder mail-Center, als Garagenwart oder Hausmeister.

Die versicherte Person (VP) klagte über einen Rechtsanwalt mit Erfolg. Das Landgericht Coburg hat den Berufsunfähigkeitsversicherer zur Leistungszahlung verurteilt (Entscheidung vom 21.08.2009, 11 O 480/05) und dabei begründet, dass der Elektriker nicht auf die genannten Tätigkeiten verwiesen werden könne.

Die Frage der Verweisbarkeit wurde durch ein Sachverständigengutachten geklärt, so sei das Leistungs- und Tätigkeitsbild der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit maßgebend. Zudem seien insbesondere die Ausbildung, die soziale Wertschätzung (soziale Lebensstellung), die Einkommenshöhe (wirtschaftliche Lebensstellung), Aufstiegs- und Karrierechancen sowie körperliche Fähigkeiten zu berücksichtigen. Es kann nicht erwartet werden, dass ein Elektriker mit qualifizierter Fachausbildung, jahrelanger berufstypischer Spezialtätigkeit und bei gutem Einkommen sowie Ansehen eine Tätigkeit mit Hilfs- oder Ergänzungsarbeiten künftig auszuführen hat, um seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten.

Die versicherte Person (VP) hatte Glück das er durch einen erfahrenen Rechtsanwalt vertreten wurde. Viele Klagen verlaufen fehl, wenn bei Antragstellung auf BU-Leistung keine professionelle Begleitung erfolgte. Fachanwälte für Versicherungsrecht sind sehr zu empfehlen (siehe www.fairtest.de).

Wichtige Prüfungsaufgaben seitens eines Rechtsanwaltes:

Die versicherte Person trägt die Darlegungs- und Beweislast. Somit ist durch sein Anwalt die zuletzt ausgeübte Tätigkeit exakt zu schildern in Form eines Leistungs- und Tätigkeitsbild (z.B. die Überkopf-montage von Lampen, die Liegendmontage von Verdrahtungen, etc.). Außerdem sind die ent-sprechenden Einkommensnachweise beizubringen.

Es müssen zur Prüfung der Verweisbarkeit die jeweils abstrakten Berufsbilder aufgezeigt werden. Dabei ist zu klären, ob die Verweistätigkeiten von der VP nicht mehr an Kenntnissen und Fähigkeiten erfordern, als sie bei ihm nach seiner Ausbildung (= als abstraktes Berufsbild) und seinen Erfahrungen (konkret) zu erwarten sind (= Obergrenze für die Anforderungen an den VN), und ob hierbei die bislang erreichte Lebensstellung hinreichend berücksichtigt worden ist (= Untergrenze mit Maßstäben Vergütung und Wertschätzung). Folgende Punkte sind dabei wichtig:

• Welche Ausbildung erfordert der Verweisungsberuf?
• Sind die Berufsbilder bei der Wertschätzung in der Bevölkerung vergleichbar?
• Sind die Verdienstmöglichkeiten in den Berufsbildern ungefähr vergleichbar?
• Bieten die Verweisungstätigkeiten gleiche Aufstiegschancen wie die ursprüngliche Tätigkeit?
• Ist aufgrund des Krankheitsbilds und Gesundheitszustand die körperliche Fähigkeit noch vorhanden, um die geforderten Tätigkeiten des Berufsbildes noch ausüben zu können?
• Könnte sich durch die Ausübung der Verweisungstätigkeit ggf. der Gesundheitszustand verschlechtern?

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